Analysen zum Thema Anekdoten
 

Johann Wolfgang Goethe: Die Leiden des jungen Werthers

Jahre, sogar Jahrzehnte dauerte die Werther-Manie, nachdem Goethes Meisterwerk erschienen war. Werther wurde zum Kult. Viele wollten sich das Leben nehmen, viele kleideten sich in einen blauen Anzug mit gelber Weste - wie der Dichter Werther beschrieb. Doch wieso hatte dieser Roman solch eine Wirkung auf die Leser?
Goethe beschreibt die Liebe und den Tod eines jungen Mannes. Werther ist der typische romantische Liebende, vielleicht ein bißchen zu sensibel, dessen Liebe hoffnungslos ist. Sie wird zwar erwidert, zumindest ist Werther davon fest überzeugt, doch Lotte, die geliebt Frau ist schon vergeben.
Werther kommt an den ungenannten Ort, wor er schließlich auch seine Ruhe finden wird, um sich zu erholen. Er genießt die Einsamkeit, die Schlichtheit der Natur. Endlich kann er richtig nachdenken, sogar Bücher weist er zurück, a ußer Homer. Nach und nach gewöhnt er sich an die Leute da, freundet sich mit ihnen an, und lernt Charlotte S. kennen. Obwohl er vor ihr gewarnt wird, "Sie ist verlobt...", verliebt er sich in Lotte. Er ist von ihrer Schönheit und Güte, ihrer Seelenruhe und ihrem Verstand fasziniert. Nicht zu vergessen von ihren schwarzen Augen. Immer mehr läßt er sic h völlig von seinen Gefühlen leiten. Er steigert sich so in diese Liebe hinein, daß er der Verzweiflung und Aussichtslosigkeit nicht mehr entfliehen kann.

Der Roman ist in zwei Bücher geteilt. Im ersten ist Werther noch glücklich. Er verbringt fast jeden Tag bei Lotte. Sogar mit Albert, dem Verlobten versteht er sich gut. Sie respektieren sich gegenseitig, obwohl Werther sein Wissen für oberflächlich hält. Doch am Ende des ersten Buches erträgt Werther es nicht mehr, immer nur der Zweite zu sein. Die Tatenlosigkeit bewegt ihn dazu, schweren Herzens Abschied von Lotte zu nehmen.
Hier beginnt das zweite Buch. Werther reist in die Stadt, wird Beamter. Anfangs gefallen ihm die vielen Unbekannten, er mag die Arbeit, doch er wird von der Gesellschaft ausgestoßen und flüchtet: zurück zu Lotte. Was er nun erfährt: den Tod eines Kindes, das ihm nahe stand, daß seine Lieblingsbäume gefällt wurden, daß einer seiner Bekannten zum Mörder wird, das alles macht sein Leben endg&uum l;ltig aussichtslos. Jetzt fühlt auch Lotte, daß es so nicht weitergehen kann, ohne daß ihre Ehe gefährdet wird. Sie braucht Abstand von Werther. Das gibt ihm den letzten Rest. Er geht noch einmal, zum letzten Mal zu ihr, läßt seinen Emotionen freien Lauf.
Besonders sorgfältig bereitet er seinen Tod vor. Sogar an die Armen und die geliehenen Bücher kann er in seiner Verfassung denken.
Er stirbt qualvoll. Die Kugel, die ersich in den Kopf jagt, tötet ihn nicht sofort, sondern läßt ihn noch voll zwölf Stunden leiden. Seine letzten Worte gelten Lotte. Sie war sein Leben, sie bedeutete ihm alles. Ob sie ihn auch geliebt hat? Eher empfand sie Freundschaft und Mitgefühl. Obwohl sie an ihm hing, vermißte sie ihn und wollte ihn niemals verletzen.
Eine wichtige, noch nicht genannte Person ist Wilhelm, der Freund Werthers, dem er sein Leben, seine Gefühle in Briefen mitteilt. Diese Briefe enthalten alles, was ihn beschäftigt, seine geheimsten Träume, all seine Gedanken. Wilhelm ist ein enger Freund der Familie, einmal wird er auch Bruder genannt. Er ist die Mittelsperson zwischen der besorgten Mutter und dem Sohn. Dieser Aufbau ändert sich am Ende des Romans, wo Werther seinen Tod nicht mehr selber erzählen kann. Zum Höhepunkt der Gefühle kommen wir, als Werther einige selbst übersetzte Gedichte von Ossian Lotte vorliest. Diese Worte bewegen die Beiden so sehr, daß sie alles um sich herum vergessen. Werther fällt Lotte um den Hals, übersät sie mit Küssen, und Lotte reißt sich nicht aus seinen Armen. Plötzlich aber rennt sie aus dem Zimmer. Ohne sich verabschiedet zu haben. Trotzdem gaben Werther diese paar Minuten genug Kraft, sich umzubringen.

Petra Varga

Heinrich von Kleist: Der neuere (glücklichere) Werther

Diese Anekdote von Kleist ist eine Verspottung von Goethes Meister-werks: Die Leiden des jungen Werthers. Die Ausgangssituation ist ungefähr die selbe. C... verliebt sich heimlich in die Frau des reichen Kaufmannes D... Sie möchte C... am liebsten aus dem Haus geschafft haben, doch D... kann seinen Kaufmannsdiener nicht entbehren, also bleibt er.
Einmal, als das Ehepaar verreist, geht C... an seinem nächtlichen Spaziergang am Schlafzimmerfenster der gebliebten Frau vorbei. Er kann der Ver-suchung nicht widerstehen, legt sich ausgezogen in ihr Bett und schläftein. Diese Tat das irdische Verlangen des C... aus, besonders morbid wird es, da die Frau nicht zu Hause ist. Falsch gedacht, denn das Paar kehrt überraschend inmitten der Nacht zurück und ertappt den jungen Mann. Der schämt sich so sehr, daß er keinen Ausweg mehr weiß, außer die Pistole von der Wand zu heben und sich in die Brust zu schießen.
Hier beginnt der Autor sich richtig lustig zu machen. Denn an den Folgen der aufregenden Ereignisse stirbt der Alte (durch einen Schlaganfall). Der junge C... wiederum überlebt den Schuß und liebt schließlich glücklich mit der Frau bis ans Ende seines Lebens.
Das ist reine Ironie. So viel Glück kann einer eigentlich gar nicht haben. C... sah nur den einen Ausweg aus der Situation, den Selbstmord. Es gibt aber auch einen anden: den Rivalen aus dem Weg zu schaffen. Diese zwei verknüpft der Autor, doch auf eine ganz und gar unmögliche Weise.
Der Stil, in dem Kleist schreibt, der Satzbau und sogar die Sprache ist die gleiche, die auch Goethe benutzte. Auch die kleinen Bemerkungen des Autors, z.B. "von welchen Empfindungen getrieben, weiß ich nicht..." dürfen nicht fehlne. Dies verstärkt noch die verspottende Wirkung.

Petra Varga

Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral

Böll ist ein deutscher Schriftsteller. Er ist im Jahre 1917 in Köln geboren und im Jahre 1985 in Langenbroch gestorben. Nach dem Abitur arbeitete er als Buchhändler-Gehilfe.
Seine Werke sind satirisch und kriegsgegnerisch. Sie sind für die "kleinen" Leute gemacht, und sie versuchen auszudrücken, daß sich ein normaler Bürger allein fühlen kann. Im Jahre 1972 erhielt er den Nobel-Preis für Literatur.

Der Text des Werkes wurde in einer hohen Literatursprache geschrieben, was nur einen Nachteil hat: ein Fremder (ein Ungar) kann es kaum verstehen (vielleicht nur mit Hilfe des Lehrers).
Die Geschichte spielt in einem Hafen Auropas. Der Autor hat den genauen Ort nicht genannt, aber der Leser, der die Geschichte gelesen hat, kann tippen. In Frankreich oder in Spanien? Vielleicht in Nordeuropa? Veilleicht hat der Schriftsteller selbst auch keine Ahnung oder Vorstellung darüber, wo wir sind. Das ist aber auch ganz egal.
Und woher kommt der Tourist, der aller schlechten Eigenschaften (wie z.B. Hartnäckigkeit, Egoismus) mächtig ist? Das wissen wir auch nicht. Ich glaube, daß in Europa die meisten Touristen aus Deutschland kommen. Und damit, daß Böll dem Touristen schlimme Eigenschaften gab, wollte er sein eigenes Volk karikieren.
Also die Story ist über einen Fischer, der gerne dösen würde, und einen Touristen, der für sein Geld viel sehen will. Deswegen läßt er den Fischer nicht schlafen, sondern er will über ihn oder mit ihm ein Foto machen. Er läßt ihm keine Ruhe, er will alles wissen.
Und schließlich wird der Tourist, der zu seinem Ausflug, seinem ... usw. genug Geld hat, neidisch auf den Fischer, der das ganze Leben in seinem Hafen verbringen muß.

Gergõ Sulyok

Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral

Der Stil der Anekdote ist typisch für das 20. Jahrhundert. Sie ist von Anfang bis Ende realistisch. Das sieht man an der bildhaften Darstellung des Ortes und der zwei Personen. In der Geschichte gibt es einen Touristen und einen Fischer. Der Tourist ist ein typisches Mitglied der kapitalistischen Gesellschaft, wobei der Fischer einfach das Gegenteil darstellt. Meiner Meinung nach ist die Anekdote eine perfekt geschriebene Kritik der kapitalistischen Gesellschaft. Das einzige winzige Problem ist nur, daß man ab der Hälfte der Geschichte wissen kann, wie sie zu Ende gehen wird.

András Stumpf

Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral

Zwei verschiedene Kulturen treffen in der Anektode zur Senkung der Arbeitsmoral von Heinrich Böll aufeinander. Der Tourist personifiziert die Moral eines wirtschaftlich fortgeschrittenen Landes im Westen. Der Fischer dagegen ist ein südlicher, ruhiger Typ, der eine archaische Lebensweise führt. Er döst auch gerade friedlich in seinem Boot, als der Tourist den Film in seinem Fotoapparat wechselt. Typisch, er muß ja alles festhalten, was er im Urlaub erlebt. Und er möchte auch die fremden Menschen kennenlernen. Deshalb ist er so hilfreich, und deshalb unterhält er sich auch mit dem Fischer. Sichtlich hat er keine Ahnung, wie das Leben da läuft. Er ist regelrecht verblüfft, daß der Fischer inmitten der Arbeitszeit ein Nickerchen macht. Da er sich nicht in die Lage des anderen versetzen kann, fragt er ihn nach seiner eigenen Logik aus. Wieso fährt er nicht nochmal raus? Dabei könnte er...
Der Fischer antwortet zunächst gar nicht. Er bewegt nur den Kopf hin und her. Unhöflich jedoch ist er nicht. Ihm geht schnell ein Licht auf. Er weiß, worauf der Tourist hinauskommen wird. Bewußt antwortet er nicht, bewußt verz& ouml;gert er das Gespräch. Denn er will, daß der Tourist etwas zum Nachdenken kriegt, wenn er schon mal gefragt hat. Würde der Fischer dem Touristen früher klar machen, daß er ruhig hier dösen kann, weil er seine Arbeit am Morgen schon verrichtet hat, hätte es keine besondere Wirkung auf ihn. So aber, indem er den Touristen nicht unterbricht, i n seiner Begeisterun, und ihn weiterträumen läßt, kommt der selber drauf, daß er möchte, daß der Fischer für etwas arbeitet, was er jetzt schon hat.
Der Titel ist ziemlich ironisch. Natürlich wird jetzt der Tourist überdenken, wozu er den ganzen Tag lang schuftet und Streß hat. Nur um sich später entspannen zu können? Es wird ihm nicht mehr sinnvoll erscheinen. Er könnte doch, wird er meinen, genausogut nur halbtags arbeiten und nachmittags spazieren gehen oder die Zeit mit seiner Familie verbringen. Könnte er aber nicht. Weil er in einer vollkommen anderen Welt lebt. Er würde innerhalb einer Woche entlassen werden. Ebenso, wie der T ourist nicht auf die Art des Fischers leben kann, genauseo kann auch der Fischer nichts mit den Ratschlägen des Touristen anfangen. Denn nicht umsonst hat sich der Alltag des Fischers so entwickelt, wie es sich entwickelt hat. Alles hat seinen Grund: die Größe seines Bootes, warum er am Morgen rausfährt, wohin er rausfährt, und wieso er nur einmal rausfährt. Außerdem: Wem wollte er die Fische denn verkaufen?
Was den Touristen am meisten irritiert, ist, daß der Fischer mit weniger Arbeit das erreicht, wofür er so hart kämpft, und das sogar jetzt schon. Jeden Tag. Noch dazu ist der frei, sein eigener Herr. Dies ist die Schlußpointe, die in keiner Anekdote fehlen darf.

Petra Varga

 

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