Analyse zum Thema Kurzprosa
 

Clemens Brentano: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl

Was mich am meisten an der Novelle ergriffen hat, ist der Horror. Er ist nicht oft vorhanden, trotzdem hatte er wohl die größte Wirkung auf mich. Ich frage mich, ob diese horroristischen Abschnitte notwendig sind, ob etwas ohne sie fehlen w&u uml;rde? Sicherlich wäre die Geschichte ärmer, doch worum handelt es sich hier überhaupt?
Eine alte Frau will ihrem Patenkind und ihrem Enkel ein ehrliches Grab besorgen. Beide sind in ihrem Leben stets ihrer Ehre nachgegangen, trotzdem sind sie unehrlich gestorben. Denn es war eine falsche Ehre, der sie nachgejagt haben. "Gib Gott alle in die Ehre", sagte die Großmutter immer, doch sie haben nicht auf sie gehört. Komisch, daß eine Frau, die so viele Jahre gelebt hat, und nun "Gott näher ist, als den Menschen" für so eine Äußerlichkeit , wie das Grab, kämpft. Denn sie mußte wissen, daß Gott allein über die Ehre urteilt, und auch wenn die Menschen auf der Erde schlecht reden würden, ihr müßte das egal sein.
Der Erzähler soll der Frau helfen, eine Bittschrift aufzusetzen, damit die jungen Geschöpfe nicht auf die Anatomie kommen. Nach der Rolle des Erzählers und der Geschichten der Großmutter läßt sich die Novelle in drei Teil e gliedern.
Im ersten sitzen beide auf der Schwelle des herzoglichen Hauses, wo die Oma einst als Magd arbeitete; und sie erzählt von ihrem Enkel, Kasperl. Er war schon als kleiner Junge sehr anständig und fleißig, und als er in die Armee kam, verst ärkte sich sein Ehrgeiz noch mehr. Als er Urlaub bekommt, verliert er seine Ehre endgültig: Seine eigene Familie bestiehlt ihn, er nimmt sich das Leben.
Der zweite Teil setzt ein, als die Großmutter und der Erzähler losgehen, wie sich später herausstellt, zu Annerls Hinrichtung. Unterwegs erzählt die Alte von Annerl, ihrem Patenkind und ihrem Schicksal. Sie ist es, die jene horroris tischen Ereignisse erlebt hatte. Sie war wohl eine Auserwählte, zumindest dem schwankenden Schwert nach, was ihr jedoch nur Leid brachte. Auch sie widmete ihr verwunschenes Leben der Ehre, zum Teil auf Kasperls Einfluß. Ihre Ehre trieb sie in den Tod, denn sie hätte ihm entwischen können, wollte aber nicht als eine, die ihr Kind umgebracht hat, weiterleben.
Im dritten Teil steigt der Erzähler plötzlich mit ins Geschehen ein. Die Ereignisse beschleunigen sich plötzlich, es geht nun um Leben oder Tod. Seltsam, denn vorher wußte die Großmutter auch, worum es ging, trotzdem fäng t sie erst in der letzten Stunde an zu handeln. Vergebens. Es ist aber nicht ihre Schuld, daß die Gnadennachricht nicht mehr an Annerl gelangt. Wohl ist es Schicksal. Oder Gott wollte es so, weil er sie für nicht so wichtig hält.
Die Novelle ist übersät mit zurückkehrenden Motiven. Von dem Lied, zum Beispiel, das Grossinger so lange gesucht hatte, und die Großmutter singen hörte, stellt sich später heraus, woran es ihn erinnert: er war es, der Ann erl verführt hat. Die Schwelle, die Soldaten, die am Platz vorbeikommen und die Rose deuten alle darauf hin, daß sich in den 70 Jahren nichts verändert hat.
Am Ende bekommt das Böse, Gossinger seine verdiente Strafe, er stirbt. Das Gute wird belohnt. Die Alte hat ihr Ziel erreicht, sie kann beruhigt sterben, und die Schwester von Gossinger und der Herzog heiraten und repräsentieren von da an in de r Stadt Gnade und Gerechtigkeit.

Petra Varga

 

Die Themen dieses Jahres (mit Kontakten zu den entsprechenden Analysen der Schüler)

Die Analysen der Schüler

Bildgedichte

E-mail Adresse der Gruppe


zurück zur Hauptseite


www.akg.hu/nemet/